Eine der wichtigsten Aufgaben in den nächsten Jahren wird sein, die Langzeitarchivierung als Dienstleistung auszubauen. Es gibt nicht viele Langzeitarchivierungssysteme, die im produktiven Einsatz sind. Auf der anderen Seite gibt es aber einen großen Bedarf an Lösungen, insbesondere bei Institutionen, die Langzeitarchivierung aus Ressourcengründen nicht selbst betreiben wollen oder können. Hier sieht es die TIB als ihre strategische Aufgabe, einen verlässlichen Service anzubieten.
Stichwort Zertifizierungen: 2015 hat die Bibliothek das Siegel Data Seal of Approval (DSA) und Ende 2017 das nestor-Siegel für vertrauenswürdige digitale Langzeitarchive erhalten. Warum sind Zertifizierungen wichtig?
Zertifizierungen sind für uns aus zwei Gründen wichtig. Zum einen bedeutet die Arbeit an den Zertifizierungen, dass wir unsere eigene Arbeit prüfen und dass wir sicherstellen, dass unsere Prozesse und die verwendeten Ressourcen sinnvoll und nachhaltig eingesetzt und dokumentiert werden. Zum anderen schaffen wir mit den Zertifizierungen die notwendige Transparenz nach außen, um die Qualität und die Vertrauenswürdigkeit unseres Langzeitarchivs deutlich zu machen. Dies hilft unter anderem Institutionen, die Interesse an unserem Dienstleistungsangebot haben, sich einen Eindruck von unserem Leistungsumfang zu machen.
Die TIB ist an verschiedenen Projekten beteiligt, für die sie Dienstleistungen im Bereich Langzeitarchivierung erbringt. Welche Projekte sind das und was sind die Aufgaben der TIB?
Momentan arbeiten wir im Fachinformationsdienst (FID) Pharmazie gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Universitätsbibliothek Braunschweig an der Archivierung der Daten des FID. Dies betrifft sowohl digitalisierte Monographien als auch elektronische Zeitschriften. Darüber hinaus arbeiten wir in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt LaZAR mit den Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Slawistik der Universität Jena und der Verbundzentrale des GBV (Gemeinsamer Bibliotheksverbund) in Göttingen an der Archivierung von Feldforschungsdaten aus dem Kaukasus. LaZAR ist eine Webplattform für die Bearbeitung, Publikation und Langzeitarchivierung von regionalwissenschaftlichen Feldforschungsdaten, bei denen es sich hauptsächlich um audiovisuelle Materialien handelt.
Darüber hinaus engagieren sich die Fachleute der TIB mit ihrer Expertise in der LZA-Community – in welchen Netzwerken ist die TIB dort aktiv?
Auf nationaler Ebene arbeiten wir im Kompetenzzentrum nestor in verschiedenen Arbeitsgruppen gemeinsam mit anderen Institutionen an praktischen Fragen der Langzeitarchivierung. Auf europäischer Ebene engagieren wir uns im Directors Board der Open Preservation Foundation und arbeiten an der Pflege und Weiterentwicklung von Tools für die Langzeitarchivierung. Auf internationaler Ebene arbeiten wir als Gutachter für die renommierte LZA-Konferenz iPRES, sind im Review-Bord der National Library of New Zealand und im Steering Committee der Rosetta User Group. Darüber hinaus arbeiten wir mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Ländern an der Weiterentwicklung einer Format Library und an Tools zur Formatidentifizierung.
Welche besonderen Herausforderungen gibt es für die TIB bei der Langzeitarchivierung?
Um noch einmal auf die Metapher vom Anfang zurückzukommen – die besondere Herausforderung ist die digitale Artenvielfalt. Da wir in der Regel keinen Einfluss darauf haben, welche Formate unsere elektronischen Dokumente haben, müssen wir in der Langzeitarchivierung sehr unterschiedliche Erhaltungsstrategien umsetzen. Dies führt aber auch dazu, dass wir sehr viel Know-how entwickeln konnten, was sowohl uns als auch unseren Dienstleistungskunden zugutekommt. Eine weitere Herausforderung sind die Datenmengen. Hier arbeiten wir an neuen Konzepten, um beispielsweise nicht alle Objekte eines Kunden in unserem eigenen System zu speichern, sondern eine Verbindung zwischen seinem Speichersystem und unserer Langzeitarchivierung herzustellen.