Wissenschaftsminister Falko Mohrs besucht die TIB Rethen
Die TIB Rethen war am 1. September 2023 die letzte Station der Sommerreise „Kultur-Tour“ von Falko Mohrs, dem Niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur. Mit dabei war bei diesem Termin Dr. Silke Lesemann, Landtagsabgeordnete für Laatzen, Pattensen und Sehnde. Dr. Irina Sens, stellvertretende Direktorin der TIB und Leiterin des Bibliotheksbetriebs, gab beiden während ihrer kurzen Begrüßung einen Einblick in die vielfältigen Aufgaben der TIB von der Informationsversorgung über die Forschung bis zum Thema kulturelles Erbe, inklusive Bewahrung und Digitalisierung des kulturellen Erbes bis zu dessen Vermittlung.

Bei einem Rundgang versorgte Dawn Wehrhahn, die Standortverantwortliche in Rethen, den Minister mit ein paar interessanten Zahlen, Daten und Fakten: Er erfuhr, dass das Magazin der TIB, das früher einmal ein Teppichlager war, auf 17.000 Quadratmetern rund 5 Millionen Medien beherbergt – aneinandergereiht entspricht das einer Strecke von 112 Kilometern. In Rethen, wo 28 Mitarbeiter:innen der TIB arbeiten, befindet sich seit 2008 außerdem das Archiv der TIB/Universitätsarchiv Hannover mit seinem Archivgut.
Digitalisieren statt klimatisieren: Wie die TIB wissenschaftliche Filme rettet
Der erste Halt des Rundgangs waren die IWF-Filme – ein ganz besonderer Schatz der TIB. Im Jahr 2012 übernahm die TIB circa 11.500 wissenschaftliche Filme von der ehemaligen IWF Wissen und Medien gGmbH in Göttingen (vormals Institut für den Wissenschaftlichen Film). Die Filme, die teilweise aus den 1920er-Jahren stammen, haben ganz unterschiedliche Inhalte: Sie dokumentieren handwerkliche Traditionen, sie zeigen Experimente und es gibt Lehrfilme, unter anderem mit dem Chemiker Otto Hahn.
„Ein Problem, das wir bei diesen Filmen haben“, erklärte Restauratorin Miriam Reiche, während sie Falko Mohrs einen alten IWF-Film aus Südafrika am Schneidetisch zeigte, „ist das sogenannte Essigsäure-Syndrom, das die Filme zerstört.“ Dabei handelt es sich um eine chemische Reaktion, die dazu führt, das historisches Filmmaterial unbrauchbar wird, wenn es nicht kühl genug gelagert wird. Ein möglicher Weg, das Essigsäure-Syndrom zu verhindern, wäre die Lagerung in einem klimatisierten Raum.
Doch die TIB hat sich stattdessen – auch aus Kostengründen – für die Digitalisierung der Filme entschieden, die weitere Vorteile hat. „Bei der TIB heißt es: ,Digitalisieren statt Klimatisierenʻ. Durch die Digitalisierung erhalten wir die Filme für die nachfolgenden Generationen und können sie online bereitstellen“, sagte Thomas Bähr, Leitung Bestandserhaltung und Langzeitarchivierung. Ein Großteil der digitalisierten IWF-Filme ist über das TIB AV-Portal verfügbar, sodass die Filme weltweit genutzt werden können.
Interessantes aus der Bibliothekswelt
Eine weitere Station des Rundgangs führte den Minister und die Landtagsabgeordnete zu einer Auswahl alter Bücher, die alle eins gemeinsam hatten: einen grünen Einband. Miriam Reiche berichtete, dass im 19. Jahrhundert für einige grüne Bücher eine ganz bestimmte Farbe verwendet wurde: das Schweinfurter Grün.

Ein Bestandteil dieser Farbe war Arsen, so dass diese Bücher heute mit besonderer Vorsicht benutzt werden müssen. Die TIB ließ in der Universität einige Bücher testen, ob es sich bei dem dort verwendeten Grün um das giftige Schweinfurter Grün handelte, – und tatsächlich konnte bei einigen der Bücher Arsen als Inhaltsstoff nachgewiesen werden.
Das hat natürlich Auswirkungen auf die Benutzung der Bücher, bei der nun einige Punkte beachtet werden müssen: Unter anderem werden die Bücher in Schutzverpackungen verwahrt und dürfen nur mit Handschuhen benutzt werden.
Historische Reiseskizzen und wertvolle Grafiken zu Architektur und Gartenbau
Der Rundgang endete im Lesesaal, der im kommenden Jahr zum Retrodigitalisierungsbereich umgebaut werden soll, da der aktuelle Retrodigitalisierungsraum am Standort TIB Rethen inzwischen zu klein geworden ist. Im Lesesaal ging es dann auch um Retrodigitalisierung. Dawn Wehrhahn zeigte Falko Mohrs und Dr. Silke Lesemann anhand der Sammlung Albrecht Haupt und weiteren Beispielen, wie die Retrodigitalisierung funktioniert – also wie aus gedruckten Büchern oder Grafiken gescannte digitale Dateien werden.
Das Ergebnis der Digitalisierung der Sammlung Albrecht Haupt kann schon online angeschaut werden. Insgesamt 15.000 hochaufgelöste Digitalisate, darunter mehr als 1.000 einzigartige Handzeichnungen, sind für Forschende und Interessierte aus der ganzen Welt frei zugänglich und ermöglicht neue kollaborative Arbeitsformen. Die Sammlung umfasst einen bedeutenden Bestand historischer Architekturwerke, Grafiken, Zeichnungen und Reiseskizzen aus über 350 Jahren. „In seinen Reiseskizzen hat Albrecht Haupt das gemacht, was heute auf Instagram gemacht wird: Er hat seine Erinnerungen festgehalten und geteilt“, beschrieb Dr. Irina Sens Haupts Reiseskizzen anschaulich.
Anschließend informierte sich Niedersachsens Wissenschaftsminister im Gespräch mit Thomas Bähr und Dr. Irina Sens noch über die digitale Langzeitarchivierung an der TIB und darüber, welche Probleme dabei auftreten und welche Herausforderungen gemeistert werden müssen. Bibliotheken seien spannende Orte mit wichtigen Aufgaben und er habe viele interessante Einblicke während seines Besuchs bekommen, so das Fazit des Ministers.