Der grösste Teil der Inhibition im Gehirn findet an GABAergen Synapsen statt. Daher ist ihre korrekte Entwicklung elementar für eine einwandfreie Gehirnfunktion. Die Bildung von GABAergen Synapsen geschieht in mehreren Stufen: in einem ersten Schritt aggregieren prä- und postsynaptische Proteine an der richtigen Stelle. Darauf folgt die Erkennung der Bindungspartner zwischen dem Axon und dem Dendrit. Nach erfolgter Aggregation und Bindung aller prä- und postsynaptischen Elementen werden neugebildete Synapsen in einem letzten Schritt der Synapsenreifung stabilisiert oder eliminiert. Bis heute sind die Mechanismen, wie die Initiierung der Synapsenbildung abläuft, wie neugeborene Synapsen stabilisiert und aufrechterhalten werden, sowie welche Proteine und Signalwege in diese Prozesse involviert sind, noch nicht vollständig geklärt. Die Zielsetzung dieser Dissertation war es, ein besseres Verständnis dieser Mechanismen zu erhalten, mit besonderem Schwerpunkt auf Aggregation von Proteinen an der postsynaptischen Dichte. Wir wollten die wichtigsten Proteine dieser Prozesse identifizieren sowie eine Hierarchie in der Proteinaggregation und der darauffolgenden GABAergen Synapsenbildung herleiten. Der Fokus lag hauptsächlich auf dem GABAA Rezeptor sowie Gepyhrin, Neuroligin2 und Collybistin, weil diese Proteine schon in früheren Studien als potentielle Kandidaten für solche Prozesse identifiziert wurden. Diese Fragestellungen wurden mittels eines in vitro Ansatzes in neuronalen Primärkulturen sowie anhand zweier in vivo Projekten an knockout Mäusen, welchen jeweils eines der untersuchten Gene fehlt, studiert. Das erste Projekt war der Fragestellung gewidmet, welchen Einfluss GABAerge Innervation auf frühe Stadien der Synaptogenese ausübt. Dazu wurden hippocampale Neuronen in niedriger Zellkulturdichte verwendet, welche dadurch zu Beginn der Synaptogenese keine GABAerge Innervation erfahren. In diesen Kulturen aggregieren GABAerge postsynaptische Proteine auf der gegenüberliegenden Seite von glutamatergen präsynaptischen Nervenendigungen, wo sie „fehlverknüpfte“ Synapsen bilden. Synapsen wurden visualisiert durch Immunfluoreszenzfärbungen der postsynaptischen Proteine, sowie deren Lokalisation relativ zu angefärbten Markerproteinen der GABAergen oder glutamatergen präsynaptischen Nervenendigungen. Daraus ging hervor, dass die Bildung von Synapsen ein zellautonomer Prozess ist, welcher unabhängig von den präsynaptisch abgegebenen Neurotransmittern stattfindet. Um GABAerge Innervation zu induzieren, wurden EGFP-exprimierende GABAerge Neuronen einmal vor und einmal während der Synaptogenese, diesen Kulturen beigefügt. Diese Experimente zeigten, dass die Anwesenheit GABAerger präsynaptischer Nervenendigungen bei der Initialisierung der Synaptogenese die Bildung von fehlverknüpften Synapsen unterbindet. Im Gegensatz dazu werden bereits gebildete Fehlverknüpfungen bei späterer GABAerger Innervation nicht eliminiert. Dies deutet auf einen kompetitiven Mechanismus für die Interaktion mit bereits etablierten postsynaptischen Aggregaten hin. GABAerge postsynaptische Proteinaggregate, welche von einer GABAergen sowie einer glutamatergen präsynaptischen Nervenendigung gleichzeitig innerviert werden, suggerieren die Induktion einer korrekten präsynaptischen Innervation durch bereits bestehende postsynaptischer Aggregate. Die Frage, welche Proteine wichtig sind für die Induktion und Stabilisierung von postsynaptischen Aggregaten, wurde in vivo durch immunhistochemische Analyse von mutierten Mäusen untersucht. Zuerst wurden Mäuse, welche kein Collybistin exprimieren, analysiert. In der Literatur wird Collybistin als wichtiges Protein für die Aggregation von Gepyhrin vorgeschlagen. In Purkinjezellen dieser Mäuse ist Gephyrin nie aggregiert, weder während der Entwicklung noch im adulten Tier. Dennoch aggregieren Neuroligin2 und der GABAA Rezeptor auf den Dendriten an den richtigen Stellen genau gegenüber GABAerger präsynaptischer Nervenendigungen. Dies deutet darauf hin, dass weder Gephyrin noch Collybistin für die Aggregation dieser Proteine und die Bildung GABAerger Synapsen essentiell sind. Der Einfluss der GABAA Rezeptoren auf die Bildung und Stabilität GABAerger Synapsen wurde im ventrobasalen Komplex des Thalamus von GABAA Rezeptor α1-Untereinheit-knockout Mäusen untersucht. Dieses Projekt wurde in Kollaboration mit Prof. Jeremy Lambert durchgeführt, welcher mit seiner Gruppe parallel zu unseren morphologischen Analysen, elektrophysiologische Messungen an diesen Tieren durchgeführt hat. In thalamischen Relay-Neuronen werden während der zweiten postnatalen Woche GABAA Rezeptoren, welche die α2-Untereinheit inkorporiert haben, durch α1-haltige GABAA Rezeptoren ersetzt. Diese α1-haltigen GABAA Rezeptoren vermitteln synaptische inhibitorische Transmission im ventrobasalen Komplex von erwachsenen Tieren. In neugeborenen α1-knockout Mäusen werden GABAerge Synapsen korrekt gebildet, wie aus Färbungen für prä- und postsynaptische Proteine sowie aus elektrophysiologischen Messungen hervorging. Nach der zweiten postnatalen Woche hingegen, wird die α2-Expression herunter reguliert und α1-knockout Mäuse weisen keine synaptischen GABAA Rezeptoren mehr auf. Dieser entwicklungsbasierte Verlust von GABAA Rezeptor Expression führt zum Abbau der synaptischen Gepyhrin Aggregate und die Synapsen sind elektrophysiologisch nicht mehr aktiv. Dennoch bleiben die präsynaptischen Nervenendigungen bestehen und unterscheiden sich in Anzahl und Grösse nicht von jenen in Wildtyp Mäusen. Ultrastrukturelle Analysen haben gezeigt, dass diese Nervenendigungen spezialisierte nicht-synaptische Verbindungen mit Dendriten von Relay- Neuronen eingehen, welche möglicherweise Orte der Neurotransmitterausschüttung darstellen, die für tonische Inhibition von extrasynaptisch lokalisierten Rezeptoren im ventrobasalen Komplex dieser Mäuse verantwortlich sind. Diese Resultate zeigten, dass funktionale Transmission zwar wichtig ist um Synapsen zu stabilisieren, präsynaptische Nervenendigungen aber ohne funktionale Transmission dennoch nicht degenerieren, sondern neuartige Kontakte mit den Zielzellen eingehen. Zusammenfassend zeigen diese Resultate, dass postsynaptischen Elementen eine übergeordnete Rolle bei der Bildung und Stabilisierung von GABAergen Synapsen zugeordnet werden kann. Obwohl keines der hier untersuchten Proteine essentiell ist für die Ausbildung GABAerger Synapsen kann eine Hierarchie in ihren Interaktionen aufgestellt werden. Dabei scheint Neuroligin2 eine Schlüsselrolle in der lokalen Bestimmung der Synapsenbildung zu spielen, wohingegen postsynaptische Aggregation von Gepyhrin vom GABAA Rezeptor abhängig ist. Summary GABAergic synapses comprise the major sites of inhibition in the brain and their correct development is crucial for proper brain function. Formation of GABAergic synapses is a multistep process: First, pre- and postsynaptic proteins cluster at the appropriate subcellular sites, followed by partner recognition among the target axon and dendrite and finally, synapses are stabilized or eliminated in a process of synapse maturation. It is not well understood how the formation of GABAergic synapses is initiated, how nascent synapses are stabilized and maintained, and which proteins and signaling pathways are involved in these processes. The aim of this thesis was to gain further insight into these mechanisms, with a special focus on clustering of proteins of the GABAergic postsynaptic density. We aimed to identify the key players for these processes and to deduce a hierarchy in protein clustering and subsequent GABAergic synaptogenesis. In particular, we focused on the GABAA receptor, gephyrin, neuroligin2 and collybistin, because these proteins have been shown previously to be likely candidates playing a role in these processes. We studied these issues in three projects using an in vitro approach in primary cultured hippocampal neurons as well as two in vivo approaches in mice, deficient for one of the proteins of interest. The first project aimed to understand the influence of GABAergic input during early stages of synaptogenesis. Therefore, low-density hippocampal cultures were used, which do not receive GABAergic input at the onset of synaptogenesis. In these cultures, GABAergic postsynaptic proteins cluster apposed to glutamatergic terminals where they form apparent “mismatched” synapses in absence of GABAergic input, as shown by immunofluorescence staining for gephyrin, neuroligin2 and the GABAA receptor α2-subunit, as well as VIAAT for GABAergic- and vGluT1 for glutamatergic presynaptic terminals. Therefore, synapse formation is a cell-autonomous process independent of the transmitter provided presynaptically. To foster GABAergic innervation, EGFP-expressing GABAergic neurons were seeded onto these cultures at two different developmental stages, at the onset and during ongoing phases of synaptogenesis, respectively. These experiments revealed that GABAergic terminals prevent the formation of mismatched synapses when introduced early, but do not eliminate existing mismatched synapses when introduced after their formation, suggesting a competitive mechanism for interaction with preformed postsynaptic sites. Furthermore, the appearance of GABAergic postsynaptic clusters apposed to both, a GABAergic and glutamatergic terminal suggested an attraction of presynaptic terminals onto such pre-formed postsynaptic clusters. The question, which proteins are important to induce and maintain postsynaptic clusters of GABAergic proteins was addressed in vivo by immunohistochemical analysis in mutant mice. First, we analyzed mice deficient for collybistin, a protein that has been proposed to be important for gephyrin clustering. In Purkinje cells of collybistin-deficient animals, gephyrin clustering is impaired during development until adulthood. Nevertheless, GABAA receptors and neuroligin2 clustered appropriately at dendritic sites apposed to GABAergic presynaptic terminals suggesting that neither collybistin nor gephyrin is essential for clustering of these postsynaptic proteins and the formation of GABAergic synapses. The influence of the GABAA receptor in the formation and stability of GABAergic synapses was investigated in the ventrobasal complex of the thalamus in mice carrying a targeted deletion of the GABAA receptor α1 subunit gene. This project was carried out in collaboration with Prof. Jeremy Lambert, whose group performed electrophysiological recordings in parallel to our morphological analysis. In thalamic relay cells of the ventrobasal complex, during the second postnatal week, GABAA receptors containing the α2-subunit are replaced by α1- subunit-containing receptors, which mediate synaptic inhibitory transmission in the ventrobasal complex of adult animals. In newborn α1-deficient mice, GABAergic synapses form properly, as seen by staining for pre- and postsynaptic proteins as well as electrophysiological recordings. After the second postnatal week, expression of the α2- subunit-containing receptors is downregulated and mutant mice become devoid of any synaptic GABAA receptor in VB neurons. The developmental loss of GABAA receptor expression leads to disruption of gephyrin clustering and the synapses are silenced. In contrast, presynaptic terminals remain in the same density and size as in wildtype animals. Ultrastructural analysis of the remaining presynaptic terminals revealed that they form specialized non-synaptic junctions with dendrites of relay neurons, constituting potential neurotransmitter release sites maintaining tonic inhibition of extrasynaptically located receptors in the VB of these mice. These results indicate that functional transmission is required for maintenance of synaptic sites, but that presynaptic terminals do not degenerate after synapse disruption, but engage in different contacts with target cells Taken together, these results indicate a preeminent role of postsynaptic elements in formation and maintenance of GABAergic synapses. None of the proteins investigated here is essential for clustering of GABAA receptors at the postsynaptic density, but there is a hierarchy in their interaction, with neuroligin2 appearing to play a key role in determining the location of GABAergic synapses, and gephyrin depending on GABAA receptors for remaining clustered postsynaptically.