ZIELSETZUNG: Lungenkarzinome stellen weltweit die führende Todesursache unter den Krebserkrankungen dar. Histologisch werden kleinzellige Lungenkarzinome (SCLC) von nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen (NSCLC) unterschieden. Besteht der Verdacht auf ein Lungenkarzinom wird mittels einer kontrastmittelunterstützen Computertomographie (KM-CT) ein Staging durchgeführt, welches morphologische Diagnosekriterien jedoch keine tumorbiologischen Aussagen zulässt. Die spektrale Bildgebung (Dual-energy Computertomographie, DECT), als eine Weiterentwicklung der klassischen KM-CT, könnte die Diagnostik erweitern. Die Technik basiert auf der Durchleuchtung des Gewebes mittels Röntgenstrahlen. Die Durchführung erfolgt mit unterschiedlichen Energiestufen und ermöglicht eine Auswertung des gesamten Strahlenspektrums mittels spektraler Parameter, welche wiederum Rückschlüsse auf die Material-/Gewebezusammensetzung ermöglichen. Weiterhin kann eine virtuell native Serie erstellt werden. In einer prospektiven Kohortenstudie wurde untersucht ob die spektralen Parameter hilfreich für das Staging des NSCLC sein könnten. MATERIAL UND METHODEN: Im Untersuchungszeitraum von 03/2016 bis 09/2017 unterzogen sich 113 Patient*innen mit der Diagnose NSCLC einer single-source dual-energy Computertomographie („fast kV-switching“-Methode, 80-140 kV) mit Kontrast-mittel. Die spektralen Parameter Jodgehalt (iodine content, IC), normalisierter Jodgehalt (NIC), Steigung in den Monochromatischen Rekonstruktionen (S, spectral slope pitch) sowie die Kontrastmitteldynamik wurden für Tumorgewebe, pulmonale Rundherde sowie Lymphknoten erfasst. In der virtuell nativen Serie (VNS) wurden außerdem Nebennierenraumforderungen hinsichtlich Differenzierung Metastase versus Adenom analysiert. ERGEBNISSE: Von 52 nicht vorbehandelten Patient*innen mit NSCLC konnte für die Gruppe der Adenokarzinome ein signifikant höherer NIC (19,37) im Vergleich zu Plattenepithelkarzinomen (NIC=12,03; p=0,035) gezeigt werden. Pulmonale Metastasen zeigen im Vergleich mit benignen Rundherden einen niedrigeren NIC und IC (p=0,761, p=0,182). Es zeigt sich eine negative Korrelation zwischen der Größe der Metastasen und des IC (Korrelationskoeffizient = -0,595, p<0,001) sowie des NIC (Korrelationskoeffizient = -0,600 p<0,001). Kleinere Metastasen weisen einen höheren IC sowie einen höheren NIC im Vergleich zu größeren Metastasen auf. Aus 126 beurteilten Lymphknoten zeigte die Gruppe der Lymphknotenmetastasen einen niedrigeren IC (2,08mg/ml) als die Gruppe der benignen Lymphknoten (2,58mg/ml; p=0,023). Außerdem wiesen normalgroße Lymphknoten einen höheren IC (2,60mg/ml), NIC (24,98) sowie eine größere Steigung (2,50) als vergrößerte Lymphknoten (>10 mm Kurzachsendurchmesser) auf (p<0,001, p=0,006, p<0,001). Die Beurteilung von 33 Nebennierenraumforderung in der VNS ergibt eine Spezifität von 100 % bei einer Sensitivität von 91 % für den Nachweis von Nebennierenadenomen bei einem Grenzwert von < 10 HU. Diese weisen zudem einen signifikant höheren NIC (33,97) als Nebennierenmetastasen (NIC: 19,95, p=0,022) auf. SCHLUSSFOLGERUNG: Die spektrale Bildgebung (DECT) hat das Potential zur Differenzierung von histologischen Subtypen des NSCLC sowie zur Unterscheidung von Lymphknotenmetastasen und gesunden Lymphknoten beizutragen. Mittels der virtuell nativen Serie können Nebennierenadenome und Nebennierenmetastasen differenziert werden.