Innovationen treiben das Wachstum von modernen Volkswirtschaften und schaffen dadurch Wohlstand. Integraler Bestandteil und Basis für Innovationen sind Kreativität, Ideen sowie neue Kombinationen von bereits bekannten Zusammenhängen. Diese Bestandteile manifestieren sich in dem, was als geistiges Eigentum (Intellectual Property, IP) bezeichnet wird. Seien es (technische) Erfindungen, angewandtes Design oder Markenschutz – alle sind sie wichtige Aspekte der Innovations- und damit IP-Strategie von Unternehmen. Um die Investitionen in geistiges Eigentum und Innovationen vor Nachahmung zu schützen, verwenden Unternehmen gewerbliche Schutzrechte (Intellectual Property Rights, IPR) wie Patente, eingetragene Warenzeichen, Gebrauchs-, Geschmacksmuster oder auch urheberrechtlichen Schutz. Bisherige Forschung untersucht den Nutzen von Patenten als Anreiz zur Innovation, die Motive, die insbesondere große Unternehmen mit Patentanmeldungen verfolgen und wie Unternehmen ihr geistiges Eigentum formal (IPR) und informell (bspw. durch First-to-Market, Geheimhaltung, sogenannte Komplementärgüter etc.) schützen (können). Darauf aufbauend beschäftig sich die Dissertation mit der Relevanz geistiger Eigentumsrechte (IPR) für Unternehmen und insbesondere mit dem Einfluss von Verletzungen dieser Schutzrechte auf Unternehmensverhalten und -strategie. Damit wendet sich die Arbeit diesen relevanten und bisher wenig erforschten Sachverhalten zu. Überblick Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Zunächst analysiert die treibenden Faktoren für Verletzungen gewerblicher Schutzrechte, wie bspw. Patente, eingetragene Warenzeichen oder Designs. Der zweite Teil betrachtet die Auswirkungen jener Verletzungen auf die Innovationsstrategie von Unternehmen und die Unternehmensperformance. Methodik und Daten Die Arbeit verwendet einen quantitativen Ansatz und ökonometrische Methoden zur Datenanalyse. Die einzige Ausnahme stellt die qualitative multiple Fallstudie dar, die sich auf Interviewanalysen gemäß der Grounded Theory stützt. Die verwendeten quantitativen Datensätze sind Daten des Mannheimer Innovationspanels (2005-2011). Zur Analyse der Daten wird im ersten Teil auf Logistische und Ordered Logit Regressionen zurückgegriffen, während im zweiten Teil Propensity Score Matching als zusätzliche Methodik Anwendung findet. Ergebnisse Meine Arbeit zeigt, dass Unternehmen, deren Innovationsprozess interne und externe Informationen, Fähigkeiten und Ressourcen miteinander vereint (Open Innovation), einem größeren Risiko der Verletzung ihrer IPR ausgesetzt sind als Unternehmen, die auf allein auf interne Fähigkeiten und Ressourcen zurückgreifen (Closed Innovation Paradigm). Unternehmen sehen sich durch die Verletzung von geistigen Eigentumsrechten (IPR) oder die Nachahmung von ungeschütztem geistigem Eigentum (IP) verschiedenen Risiken ausgesetzt. Diese Risiken werden qualitativ in einer multiplen Fallstudie erarbeitet und dann empirisch überprüft. Des Weiteren stellt die Dissertation heraus, dass Unternehmen, die sich strategisch als Preisführer aufstellen, mit keiner signifikant höheren Verletzung ihrer IPR rechnen müssen als alle anderen Unternehmen. Anders sieht es bei Unternehmen aus, die sich strategisch differenzieren wollen. Diese müssen mit einer erhöhten Patentverletzungsrate und Nachahmung von nicht eingetragenen und damit nicht geschützten Marken rechnen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die Unternehmensstrategie als auch die Innovationsstrategie einen signifikanten Einfluss auf die Verletzungsvorkommnisse haben. Die Dissertation weist Wege auf, diese Informationen zu einer gewinnbringenden Unternehmensstrategie zusammenzuführen. Der zweite Teil der Arbeit legt nahe, dass die Verletzung von IPR mit einem höheren Umsatz assoziiert ist, wobei auf bekannte umsatztreibende Faktoren kontrolliert wird. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu bisherigen Annahmen, die die Politik momentan maßgeblich beeinflussen. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass Unternehmen mit Erfahrung mit Verletzung von IPR oder Nachahmung von IP tatsächlich ihre Forschungs- und Entwicklungsstrategie anpassen. Unternehmen, deren IP nachgeahmt wird, schrecken von Partnerschaften in Forschung und Entwicklung zurück während Unternehmen, deren geistige Eigentumsrechte verletzt wurden, tendenziell mehr Forschungskooperationen eingehen. Interpretation Die Ergebnisse der Dissertation haben Konsequenzen sowohl für die Politik als auch die Führung von Unternehmen. Es wird nachgewiesen, dass Unternehmen mit einer Open Innovation Strategie ihr IP und IPR Management unbedingt dieser Strategie anpassen müssen und Forschungs- und Entwicklungskooperationen unter kontrollierten Bedingungen (bspw. durch Verträge) durchführen sollten. Insbesondere Unternehmen, die eine Diversifizierungsstrategie verfolgen, müssen ihre IP und IPR Strategie entsprechend ausrichten. Die politischen Institutionen wie Gesetzgebung und Rechtsprechung sollte auf die aktuellen Gegebenheiten reagieren und über eine Reform des Patentrechts nachdenken. Der Wert von Patenten bestimmt sich danach, wie schnell, kostengünstig und aussichtsreich sie durchsetzbar sind, da sie sonst als Ausschlussrecht an Bedeutung verlieren. An der ökonomischen Durchsetzbarkeit von Patenten scheint es in den meisten Patentsystemen jedoch zu mangeln – andernfalls würden weniger Patentverletzungen auftreten, wie das auch bei Markenverletzungen der Fall ist. Eine leichtere Durchsetzung von Patentrechten würde für mehr Transparenz und Rechtssicherheit sorgen. Diese Transparenz und Rechtssicherheit wiederum könnten zu einem entscheidenden Standortvorteil für Volkswirtschaften werden.