Ziel dieser Arbeit war es, aufzuzeigen, ob und wie Polylactid so modifiziert werden kann, dass es künftig auch von der Industrie sinnvoll für technische Anwendungen eingesetzt werden kann. Eine wichtige Maßgabe war dabei, dass der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen auch nach der Modifizierung möglichst hoch ist, das entwickelte Blend aber vergleichbare Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften aufweist wie bestimmte konventionelle Kunststoffe, z.B. ABS. Die Kompostierbarkeit war hingegen kein Kriterium, an dem festgehalten wurde. Untersuchungsgegenstand dieser Forschungsarbeit waren sowohl teilkristalline PLA-Homopolymere als auch amorphe PLA-Copolymere, so dass ebenfalls ein kurzer Überblick über die verschiedenen Herstellrouten gegeben wurde und die Unterschiede benannt wurden. Es wurden bewusst verschiedene PLA-Typen eingesetzt, damit Abhängigkeiten vom makroskopischen Polymeraufbau aufgezeigt werden können. Da es sich bei dem Polylactid um kein neues Biopolymer handelt, spiegelt die Arbeit zunächst den aktuellen Forschungsstand wider. Die Auswertung der umfangreichen Literatur hat deutlich aufgezeigt, dass bereits sehr viel Grundlagenforschung im Bereich PLA betrieben wurde. Gleichzeitig aber wurde die verarbeitungstechnische Umsetzung, das resultierende Langzeitverhalten sowie die Umsetzung auf konkrete Produkte (Bauteile) in der Anwendung nur wenig bzw. noch gar nicht bearbeitet. Die vorliegende Forschungsarbeit schließt diese Lücke. Der Fokus der Modifizierung lag im Wesentlichen auf den Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften, z.B. Spritzgießbarkeit (z.B. Fließverhalten, Abkühlzeit bzw. Kristallisationsverhalten), Wärmeformbeständigkeit, mechanischen Eigenschaften (z.B. Zähigkeit, Steifigkeit) und Langzeitbeständigkeit. Um die erforderlichen Eigenschaften erzielen zu können, wurden im Rahmen dieser Arbeit verschiedene Additive (Nukleierungsmittel, Füllstoffe, Fließverbesserer, Stabilisatoren, u.a.) eingesetzt. Aber nicht nur die Additive waren ausschlaggebend für die Modifizierung, auch eine optimierte Prozessführung war erforderlich. Neben der extrusionstechnischen Verarbeitung, die in dieser Arbeit im Wesentlichen zur Compoundherstellung, ohne weitere gezielte Optimierungen (z.B. Durchsatzoptimierungen) eingesetzt wurde, stand die spritzgießtechnische Verarbeitung im Fokus. Um Abhängigkeiten bzw. Wechselwirkungen zwischen Matrix und Additiv aufzeigen zu können, wurden zunächst alle Einzelkomponenten untersucht. Maßgabe war bei allen Versuchen die industrienahe Umsetzung, so dass im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich Versuche weiterverfolgt wurden, die dieses Merkmal aufwiesen. Zur Materialcharakterisierung wurden neben der Verarbeitung verschiedenste Methoden eingesetzt: Rheologische, thermische und mechanisch-physikalische Untersuchungen, Oberflächenanalysen und Mikroskopie, chemische Analysen sowie Klimawechseltests nach Industriestandards. Die Einzelergebnisse der verschiedenen Additive haben gezeigt, dass PLA in allen Eigenschaften signifikant verbessert werden kann. Diese Verbesserungen bedeuten aber in der Regel auch, dass sich andere Eigenschaften wiederum verändern bzw. verschlechtern. Durch das Zusammenwirken verschiedenster Additive, unter Berücksichtigung aller Wechselwirkungen, ist es jedoch in der Arbeit gelungen, Blendformulierungen zu generieren, um z.B. ABS in technischen Anwendungsbereichen zu substituieren. Die Ergebnisse haben dabei ganz deutlich aufgezeigt, dass das PLA-Homopolymer PLLA und das PLA-Copolymer 3251D am besten für die Blendformulierungen geeignet sind und das eine aufeinander abgestimmte Formulierung wesentlich ist. Ausgesuchte Blendformulierungen konnten im Rahmen dieser Arbeit erfolgreich in die Praxis zur ABS-Substituierung übertragen werden. Neben den Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften, die signifikant verbessert wurden, ist auch die Wirtschaftlichkeit gegeben. Das Ziel der industriellen Anwendbarkeit wurde prinzipiell erreicht. Allerdings zeigte sich auch, dass durch die vielfältigen Wechselwirkungen die Frage nach der industriellen Nutzbarkeit von modifiziertem PLA nach Anwendungsbereichen differenziert werden muss. Die Automobilbranche bspw. hat so hohe Anforderungen, dass auch die Verwendung des modifizierten PLA zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll ist. In anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei Haushalts- und Büroartikeln oder in der Elektronikbranche, ist der Einsatz von modifiziertem PLA durch die Ergebnisse dieser Arbeit als sinnvoll machbar bestätigt worden.