In Deutschland entstanden durch mannigfaltige, kleinräumige Bewirtschaftungsweisen auf unterschiedlichsten Standorten bis ins 18. Jh. hinein eine Vielzahl an Biotopen und Strukturelementen, an welche sich viele Tier- und Pflanzenarten als Kulturfolger anpassten. Die seit dem 20. Jh. anhaltende Intensivierung der Landnutzung führte zu einer fortschreitenden Verarmung der Kulturlandschaft. Umweltprobleme, wie der Verlust der Artenvielfalt, Resistenzen von Schadorganismen, Erosion oder die Belastung von Boden und Grundwasser, sind eng an diese Entwicklung gekoppelt. Vor diesem Hintergrund ist das Thema Agroforstwirtschaft in den letzten Jahren zunehmend wichtiger geworden. Es handelt sich hierbei um Landnutzungssysteme, welche zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Ackerflächen beitragen, ohne die wirtschaftliche Produktion aus den Augen zu verlieren. Über Jahrhunderte hinweg gehörten Agroforstsysteme (AFS) in Deutschland ganz selbstverständlich zur Agrarlandschaft. Im Zuge der Industrialisierung gerieten sie jedoch im Rahmen der systematischen Trennung von Land- und Forstwirtschaft mehr und mehr in Vergessenheit. Neuerdings erleben sie in Europa, aufgrund ihrer vielversprechenden ökologischen und ökonomischen Eigenschaften, jedoch eine Renaissance. So hat das Interesse von Landwirten, Kommunen, Umwelt- und Naturschutzverbänden an AFS mit Wertholzkomponente in den letzten Jahren zugenommen. Häufig wird seitens der Praxis jedoch befürchtet, dass Baumstreifen, innerhalb oder angrenzend an Äcker, Quellen für invasive Pflanzenarten darstellen oder Ackerbeikräuter sich negativ auf die angebauten Kulturen auswirken können. Die Promotion setzte es sich deshalb zum Ziel, diesen Befürchtungen nachzugehen, multifunktionale AFS mit Wertholzkomponente zu untersuchen und eine naturschutzfachliche und ökonomisch tragfähige Umsetzung in die Praxis, mithilfe konkreter Handlungsempfehlungen, gezielt zu fördern. Dabei wurde Hauptaugenmerk auf die Interaktion zwischen Kultur und krautiger Vegetation der Baumstreifen sowie die Auswirkung verschiedener Pflegemaßnahmen auf diese gelegt. Vielfach empfohlen wird die Ausbringung von Saatgutmischungen, um die unerwünschten Ackerbeikräuter zu unterdrücken, aber auch um die Diversität der Flächen zu erhöhen, ohne dass dies bisher in AFS getestet wurde. Die vorliegende Arbeit untersucht deshalb insbesondere die Eignung und den naturschutzfachlichen Wert verschiedener handelsüblicher Saatgutmischungen für die Anwendung in silvoarablen AFS. Hierfür wurden auf einem 2012 angelegten silvoarablen Agroforstsystem in Östringen-Odenheim 2014 vier verschiedene Saatgutmischungen ausgebracht und ihre Entwicklung über eine Versuchsdauer von drei Jahren hinweg beobachtet. Bei den mehrjährigen Einsaaten handelte es sich um die Veitshöchheimer Bienenweide von Saaten Zeller, die Blühende Landschaft mehrjährig Süd von Rieger-Hofmann GmbH, die Regelsaatmischung 8.1.4 von Saaten Zeller sowie das Druschgut einer artenreichen Salbei-Glatthaferwiese aus dem Kraichgau. Die eingesäten Abschnitte und Referenzflächen unterlagen dabei wiederholt den Behandlungsvarianten Mulchen, Mähen und keine Pflege. Zur weiteren Beurteilung des Beikrautdrucks wurde zudem eine Untersuchung der Diasporenbank mittels Auflaufversuchen vorgenommen. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Sorgen der Landwirte bezüglich der Baumstreifen innerhalb oder angrenzend an Äcker nicht unbegründet sind. Sie haben das Potenzial als Quellen für Ackerbeikräuter und invasive Pflanzenarten, die sich negativ auf die angebauten Kulturen auswirken können, zu dienen. Das Auftreten kritischer Arten führt aber nicht zwangsläufig zu massenhafter Vermehrung und Ertragseinbußen. Ob ein Ackerkrautstreifen als Quelle der Verunkrautung fungiert, steht in engem Zusammenhang mit den Standorteigenschaften, der Artkomposition und der Managementpraxis. Die Einbringung von Saatgutmischungen wirkte sich in allen Fällen, trotz zum Teil mäßigen Anwuchserfolgs, positiv auf den ökologischen Wert der Baumstreifen aus. Sie förderte den Artenreichtum, die Diversität und verbesserte die Habitatqualität für Insekten. Zudem zeigten alle Mischungen einen beikrautunterdrückenden Effekt, welcher mit zunehmendem Anwuchserfolg stieg. Obwohl keine der Einsaaten Probleme in der landwirtschaftlich genutzten Fläche verursachte und die meisten als potenziell kritisch beurteilten Arten nicht bzw. nur in sehr geringer Deckung auftraten, empfiehlt es sich vor einer Aussaat, um etwaige Folgeprobleme zu vermeiden, die Artenzusammensetzung der Saatgutmischung zu prüfen. In vorliegender Untersuchung konnte zwar eine Auswirkung von Mahd, Mulchen oder keine Behandlung auf die krautige und eingesäte Vegetation festgestellt werden, eine Beschreibung der Effekte gelang aufgrund der vielen Einflussfaktoren jedoch nicht. Für die Ableitung der Handlungsempfehlungen wurde deshalb auf bereits existierende Forschungsergebnisse zurückgegriffen. Bei neu angelegten AFS entspricht die Beleuchtungsintensität der einer Offenfläche und auch am Stifterhof konnten bisher keine Folgen durch die gepflanzten Wertholzträger auf die krautige Vegetation festgestellt werden. Alle in den ausgebrachten Saatgutmischungen enthaltenen Arten wären in der Lage bei den vorherrschenden Lichtverhältnissen zu wachsen. Aufgrund anderer Forschungsergebnisse wird jedoch davon ausgegangen, dass sich eine zunehmende Beschattung unvorteilhaft auf die Entwicklung lichtliebender Saatgutmischungen auswirkt. Bei geringer werdendem Lichteinfall kann eine schattentolerantere Saatgutmischung der Ausbreitung dominanter, unerwünschter Vegetation entgegenwirken. Die Baumstreifen am Stifterhof sind aufgrund des weiten Pflanzabstands und den meist lichteren Kronen der Gehölze aber noch einige Jahre auch mit lichtliebenden Arten einsäbar. Von den vier getesteten Saatgutmischungen erzielte die Regelsaatgutmischung 8.1.4 aus ökologischer und betriebswirtschaftlicher Sicht die besten Ergebnisse. Es handelte sich dabei zwar um die in der Anschaffung und durch die empfohlene Pflege teuerste Mischung, jedoch erzielte sie die beste Ackerbeikrautunterdrückung in den Streifen. Auch enthielt sie nur eine geringe Anzahl an Arten, welche laut Risikoanalyse das Potenzial für eine Ausbreitung und dauerhafte Etablierung im Acker haben. Bei der naturschutzfachlichen Bewertung schnitt sie etwas schlechter ab als die Blühmischungen, wegen ihres hohen Grasanteils und weil sie nicht aus regionalem Saatgut bestand. Dafür wies sie deutlich geringere Anteile an Neophyten und Kulturarten auf. Auf der Versuchsfläche zeigte sie sich zudem auf manchen Flächen diverser als die Blühmischungen. In Bezug auf die beschattende Wirkung von AFS kann die Regelsaatgutmischung aufgrund ihrer höheren Schattentoleranz über den längsten Zeitraum ausgebracht werden. Sie wächst sowohl bei guten als auch schlechter werdenden Lichtverhältnissen und ist auch laut Hersteller an halb- und teilbeschattete Standorte angepasst. Die abgeleiteten Handlungsempfehlungen beziehen sich auf die Auswahl, Ausbringung und Pflege von Saatgutmischungen in silvoarablen AFS mit dem Fokus ökonomisch und ökologisch das beste Ergebnis zu erzielen. Die Arbeit enthält zudem auch zahlreiche Hinweise zu einzelnen Arten bzw. Artgruppen und Möglichkeiten ihrer Förderung bzw. Zurückdrängung.