Unfallbedingte Verletzungen des Knorpelgewebes gelten als wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose (PTA). Durch die Induktion und Persistenz apoptotischer, inflammatorischer und kataboler Prozesse kommt es im Laufe der Jahre zur progressiven Degradation der extrazellulären Matrix. Dabei stellen der oxidative Stress und die Freisetzung sogenannter Damage-associated molecular patterns starke Treiber der Pathogenese dieser bis dato nur bedingt behandelbaren Erkrankung dar. Um den Trauma-induzierten Pathomechanismen und der Entstehung einer PTA entgegenzuwirken, sollte bei der Behandlung der Knorpelläsion nicht nur die initiale Schadensbegrenzung, sondern auch die Unterstützung regenerativer Prozesse berücksichtigt werden. Das zentrale Forschungsvorhaben dieser Arbeit galt dementsprechend der Etablierung und Evaluierung innovativer, präventiver Therapiestrategien und der Klärung zugrundeliegender Wirkmechanismen. Zur initialen Schadensbegrenzung nach Knorpeltrauma, wurden im Rahmen der Arbeit zunächst eine klassische Kryotherapie (Kapitel 2.1) und anschließend ein neuer antioxidativer Ansatz mittels N-Acetylcystein (NAC) (Kapitel 2.2) im humanen ex vivo Knorpeltrauma-Modell etabliert. Erstmals wurde der Einfluss einer therapeutischen Hypothermie auf Ebene der zellbiologischen bzw. molekularen Pathomechanismen nach Knorpeltrauma betrachtet. Neben dem Knorpeltrauma-Modell wurden die Auswirkungen der hypothermischen Bedingungen in einem Zellkultur-Modell mit Trauma-stimulierten Synovialfibroblasten (FLS) untersucht. Bereits nach kurzer Behandlungsdauer (2 h oder 16 h) konnten signifikante zell- und chondroprotektive Effekte im traumatisierten Knorpelgewebe, wie auch antikatabole Auswirkungen auf die FLS, nachgewiesen werden. Es wurde geschlussfolgert, dass ein optimiertes Temperaturmanagement nach Verletzungen des Kniegelenkes bzw. der beteiligten Weichteile, vermutlich zur Reduktion des PTA-Risikos beitragen kann. Vergleichbare Effekte wurden nach der antioxidativen Therapie mittels NAC beobachtet. Dabei konnte zudem nachgewiesen werden, dass die Zellprotektion, welche auf der Inhibition apoptotischer Prozesse beruht, wie auch die Chondroprotektion, noch für mindestens eine Woche nach Absetzen der Behandlung anhielten. Außerdem deuten die Resultate darauf hin, dass die NAC-vermittelte Inhibition der Matrix-degradativen Proteasen nach Trauma auf mehreren Ebenen – transkriptional, translational und posttranslational – stattfindet. Dies spiegelte sich in der reduzierten Menge der Proteoglykan- bzw. Kollagen Typ II-Abbauprodukte wider. Obwohl sich NAC hervorragenden zur initialen Schadensbegrenzung nach Knorpeltrauma eignet, könnte die Suppression der Kollagen Typ II Expression auf Dauer negative Auswirkungen auf die Matrixqualität haben. Bezüglich der Matrixregeneration wurden die potenziell chondroanabol-wirkenden Wachstumsfaktoren Insulin-like growth factor-1 (IGF-1), Fibroblast growth factor 18 (FGF18) und Bone morphogenic protein 7 (BMP7) kompetitiv getestet (Kapitel 2.3). Durch die Stimulation der intrinsischen Regeneration, sollte der antioxidative Ansatz zu einem multidirektionalen Therapiekonzept erweitert werden. Ziel war es, die Nachteile der monotherapeutischen NAC-Behandlung zu kompensieren und Synergien bzw. additive Effekte zwischen den Wirkstoffen zu erlangen. Während FGF18 und BMP7 sowohl monotherapeutisch, als auch in Kombination mit NAC, zell- und chondroprotektive Effekte nach Trauma zeigten, hatte IGF-1 eine deutlich geringere Wirksamkeit und beeinträchtigte teilweise die NAC-Effekte. Entgegen aller Erwartungen supprimierte FGF18 die Kollagen Typ II Expression vergleich- bar zu NAC, wohingegen die chondroanabolen Eigenschaften für IGF-1 und BMP7 bestätigt werden konnten. Nichtsdestotrotz blieb die Kollagen Typ II Synthese in Kombination mit NAC vollständig inhibiert. Um die positiven Effekte der beiden Therapieansätze nutzen zu können, wurden ein sequentielles statt paralleles Behandlungsregime entworfen und erste Hinweise zur Validität dieses Konzeptes erbracht. Abschließend wurde die Rolle bzw. das Verhalten gewebsständiger chondrogener Stamm-/Progenitorzellen (CSPC) nach Trauma – mit und ohne NAC, IGF-1, FGF18 oder BMP7 – untersucht (Kapitel 2.4). Dabei konnten erstmals immunmodulative Eigenschaften Trauma-stimulierter CSPC nachgewiesen werden. Außerdem wurde gezeigt, dass sowohl die chondrogene Differenzierung als auch das posttraumatische Verhalten der Zellen durch die pharmakologische Intervention modifiziert werden kann. Zusätzlich bestätigten sich im Rahmen der chondrogenen Differenzierung erfolgsversprechende Resultate bezüglich des sequentiellen Behandlungsregimes. Insgesamt leisten diese Erkenntnisse einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zur Etablierung neuer pharmakologischer Therapieansätze in Hinblick auf die Akutversorgung von Knorpelverletzungen bzw. Prävention der PTA. Außerdem erweitern die Ergebnisse das Verständnis über das posttraumatische Verhalten der CSPC als zukünftiges Ziel bzw. zukünftiger Akteur zell-basierter Therapieansätze.