In zahlreichen Industriezweigen werden heutzutage biokatalytische Prozesse erfolgreich angewendet. Das Einsatzgebiet von Enzymen reicht von der Lebensmittelproduktion, dem Waschmittelsektor und der Textilindustrie bis hin zur Verwendung in der modernen Analytik und in der medizinischen Therapie. Die Fähigkeit von Enzymen, an zahlreichen Substanzen in spezifischer Weise Reaktionen wie beispielsweise Oxidationen, Hydrierungen, Hydrolysen, Methylierungen oder Veresterungen durchzuführen, stellt auch ein großes Potential für Stoffumwandlungen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie dar. Von besonderer Bedeutung ist hierbei vor allem die meist stark ausgeprägte Chemo-, Regio- und Stereospezifität der enzymkatalysierten Reaktion. Sie ermöglicht die spezifische Synthese von chemisch schwer zugänglichen Verbindungen unter milden Reaktionsbedingungen ohne Bildung unerwünschter Nebenprodukte. Angesichts dieser Vorteile stieg das Interesse an der Nutzung enzymatisch katalysierter Reaktionen vor allem in der organisch-chemischen Synthese in den letzten Jahren stark an und führte zu einem gesteigerten Bedarf an Enzymen, die für den technischen Einsatz geeignet sind. Strategien zur Bereitstellung geeigneter Biokatalysatoren umfassen die gentechnische Modifizierung bereits vorhandener Enzyme, die Durchsuchung kommerzieller Enzymbibliotheken oder die Durchmusterung mikrobieller Stammsammlungen nach gewünschten Enzymaktivitäten. Als Hauptquelle für neue biotechnologische Produkte und Prozesse wird die beträchtliche physiologische Vielfalt von Mikroorganismen angesehen. Klassische Methoden zur Identifizierung neuer Enzymaktivitäten beruhen auf deren Kultivierung. Da jedoch nur ein geringer Anteil der tatsächlich existierenden Mikroorganismen unter Laborbedingungen kultivierbar ist, bleibt dabei das beträchtliche Potential des unkultivierbaren Anteils der Population unentdeckt. Um einen Verlust an Diversität zu vermeiden, sind daher kultivierungsunabhängige Ansätze erforderlich, die das metabolische Potential eines Standortes in seiner Gesamtheit zugänglich machen. In dieser Arbeit wurden deshalb Methoden entwickelt, die den Engpass der Kultivierbarkeit umgehen und es stattdessen im Rahmen eines kultivierungsunabhängigen Vorgehens ermöglichen, die gesamte genetische Vielfalt eines Habitats, kodiert durch die Gesamtheit aller enthaltenen mikrobiellen Genome, das Metagenom, für die Entdeckung neuartiger Enzymaktivitäten zu nutzen. Dazu wurde die genomische DNA der Mikroorganismen aus einer Bodenprobe isoliert und aufgereinigt. Durch die Verwendung einer modifizierten Aufschlussmethode der direkten Lyse gefolgt von einer Aufreinigung mittels Gelfiltrations-Säulen gelang die Gewinnung hochmolekularer und reiner und damit für die Klonierung geeigneter genomischer DNA. Nach enzymatischer Fragmentierung wurde die Boden-DNA in den Expressionsvektor pJOE930 kloniert, der zwei induzierbare lac-Promotoren beinhaltet. Auf diese Weise wurden Genbanken konstruiert, die insgesamt 140 000 Klone umfassten. Durch das Screening der Genbanken auf unterschiedlichste Enzymaktivitäten wurden anschließend sowohl deren genetisches Potential und ihre Vielfalt überprüft als auch eine Vielzahl neuartiger Enzyme für mögliche industrielle Anwendungen identifiziert. Als Grundlage für die Identifizierung neuer dehalogenierender Enzyme wurden Testverfahren untersucht, die auf dem Nachweis einer pH-Absenkung infolge der Freisetzung von Protonen bei hydrolytischen Dehalogenierungsreaktionen beruhen. Des Weiteren wurde auf der Basis eines elektrochemischen Chloridsensors ein parallelisiertes und automatisiertes Screeningsystem für ein sensitives HTP-Screening nach Dehalogenasen entwickelt. Mit Hilfe der verschiedenen Screeningverfahren wurden insgesamt 70 Enzyme mit unterschiedlicher Aktivität gefunden, darunter 14 lipolytische Enzyme, 13 Phosphatasen, 38 Amylasen, zwei Dioxygenasen und drei Dehalogenasen. Wie die Sequenzanalyse der rekombinanten Klone zeigte, war es mit Hilfe der entwickelten Methoden möglich, neuartige Genprodukte zu identifizieren, deren Sequenzen nur geringe Ähnlichkeit zu bereits bekannten Enzymen aufwiesen, was die Vermutung nahe legt, dass sie aus bisher unbekannten Mikroorganismen stammen. Die Vielzahl und Vielfalt der entdeckten Enzymaktivitäten sowie die Tatsache, dass alle Sequenzen verschieden waren, sind Hinweise auf die genetische Diversität und den geringen Grad an Redundanz der aus Boden-DNA erstellten Genbanken. Wesentliche Punkte für die Effizienz des Verfahrens waren die Verwendung eines Plasmidvektors, der die heterologe Expression inserierter Gene unabhängig von ihrer Orientierung und gen-eigenen Promotoren ermöglichte, sowie die Gewinnung hochreiner klonierbarer DNA. Die direkte Klonierung metagenomischer DNA erwies sich somit als geeignete Strategie zur Nutzbarmachung der metabolischen Vielfalt eines Habitats für biotechnologische Innovationen.