Hintergrund: Intravenöse Thrombolyse mit Alteplase (rt-PA) innerhalb der ersten 4,5 Stunden ist bei ischämischen Schlaganfällen sicher und effektiv (1, 2). Ob dies auch auf Patienten mit vorbestehenden Einschränkungen der Selbstständigkeit zutrifft, ist Gegenstand der Diskussion (3, 4). Der Anteil dieser Patienten liegt in Schlaganfallregistern bei 12-21%, in Thrombolyseregistern ist er mit 2-9% geringer (3, 5-8). Einige Arbeiten haben vorbestehende Einschränkungen der Selbstständigkeit als definitiven Ausschlussgrund einer Lysetherapie identifiziert (9, 10). Obwohl keine Kontraindikation, so scheint die Indikation zur Thrombolyse bei diesen Patienten zurückhaltender gestellt zu werden (9, 11). Ziel dieser Arbeit ist es, den Einfluss vorbestehender Einschränkungen der Selbstständigkeit auf Sicherheit und Outcome der rt-PA Therapie des akuten Schlaganfalls zu untersuchen. Methoden: Die analysierten Daten stammen aus dem Thrombolyseregister des Campus Benjamin Franklin – Charité (CBF). Der Grad der vorbestehenden Einschränkungen der Selbstständigkeit wurde mittels der modifizierten Rankin Skala (prä-mRS) in 4 Gruppen eingeteilt: prä-mRS 0-2, 3, 4 und 5. Wir untersuchten den Zusammenhang zwischen prä-mRS und Sicherheit sowie Outcome mittels Regressionsanalyse (Referenz prä-mRS 0-2). Betrachtet wurden die Endpunkte 1.) symptomatische intrazerebrale Blutung (sICB), 2.) 7 -Tages-Mortalität, 3.) frühe neurologische Besserung und 4.) Wiedererlangen des ursprünglichen mRS. Im Zeitraum von 2008 bis 2013 erhielten 985 Patienten eine intravenöse rt-PA Therapie, davon 766 mit prä-mRS 0-2; 128 mit prä-mRS 3; 65 mit prä-mRS 4; 26 Patienten (prä-mRS 5 und unklarer prä-mRS) wurden nicht analysiert. Ergebnis: Es wurde für Patienten mit vorbestehenden Einschränkungen der Selbstständigkeit 1.) kein signifikanter Zusammenhang zu der Rate an sICB (p=0,277) gefunden. Die multivariaten Analyse zeigten 2.) einen signifikanten Zusammenhang zwischen vorbestehenden Einschränkungen der Selbstständigkeit (prä-mRS=4) und der Wahrscheinlichkeit, innerhalb von 7 Tagen nach Ereignis zu versterben (ORadj=3,31; 95%CI=1,34-8,18). Sowie 3.) einen signifikanten Zusammenhang zwischen vorbestehenden Einschränkungen der Selbstständigkeit (prä-mRS=4) und geringerer Wahrscheinlichkeit auf eine frühe neurologische Besserung (ORadj=0,60; 95%CI=0,40-0,89). Weiterhin 4.) einen signifikanten Zusammenhang zwischen vorbestehenden 7 Einschränkungen der Selbstständigkeit (prä-mRS=3) und der Wahrscheinlichkeit, den ursprünglichen mRS wieder zu erreichen (ORadj=0,48; 95%CI=0,28-0,81). Schlussfolgerung: Die Therapie des akuten Schlaganfalls mit intravenösem rt-PA ist bei Patienten mit vorbestehenden Einschränkungen der Selbstständigkeit bezüglich der Hauptkomplikation sICB sicher. Eine vorbestehende Behinderung ist ein negativer Prädiktor, ein Effekt der Therapie ist trotzdem vorhanden. Das Ergebnis gibt keinen Anlass, Patienten von einer rt-PA Therapie auszuschließen. Auf Grund der hohen Effektgrößen sollten zukünftige Arbeiten zum ischämischen Schlaganfall für den prä-mRS adjustieren. Neue Therapieansätze wie die prähospitale Lyse oder die endovaskuläre Behandlung sollten den Grad der prämorbiden Einschränkungen bei der Beurteilung des funktionellen Ergebnisses berücksichtigen (12, 13).