Die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten und verletzten Kinder in Pkw ist in den letzten Jahren erheblich gesunken. Waren 1993, im Jahr der Einführung der gesetzlichen Pflicht zur Nutzung von Kindersitzen noch 128 getötete Kinder zu beklagen, waren es im Jahr 2011 noch 21. Neben einer hohen Sicherungsquote von Kindern im Kindersitz gibt es zahlreiche weitere Ursachen, die diese positive Entwicklung bewirkt haben. So haben sich die gesetzlichen Anforderungen an Kindersicherungssysteme ständig erhöht, wodurch ihre Schutzwirkung verbessert wurde. Genauso verbesserten sich die Sicherheit der Fahrzeuge und die Verkehrsinfrastruktur insgesamt. Dennoch muss festgestellt werden, dass die Quote der Fehlbenutzung (Misuse) von Kindersitzen in den letzten 15 Jahren konstant hoch geblieben ist. Mehr als zwei Drittel aller Kinder sind fehlerhaft im Fahrzeug gesichert, wobei manche dieser Fehler so gravierend sind, dass die Schutzwirkung des Sitzes komplett aufgehoben wird. Hier zeigt sich nach wie vor ein dringender Handlungsbedarf. Die Auswertung einer im Rahmen des EU-Forschungsprojekts CASPER durchgeführten Feldstudie hat ergeben, dass die Fehlbenutzungsquote leicht zurück gegangen ist, inwiefern dabei von einem signifikanten Trend gesprochen werden kann, lässt sich allerdings nicht absehen. Es zeigte sich weiterhin, dass die schlechte Sicherung der Kinder von Eltern in der Regel nicht vorsätzlich geschieht, sondern dass mangelndes Wissen über den richtigen Umgang mit Kindersitzen und ein gering ausgeprägtes Risikobewusstsein zur Fehlbedienung führen. Faktoren wie Zeitmangel und Stress im Moment der Sicherung erhöhen das Fehlbedienungsrisiko. Anhand der Daten von 119 rekonstruierten Pkw-Verkehrsunfällen mit 183 beteiligten kindlichen Insassen konnten Zusammenhänge zwischen bestimmten Fehlbenutzungen und daraus resultierenden Verletzungen gezeigt werden. Genauso konnte nachgewiesen werden, dass für falsch gesicherte Kinder das Risiko für schwere Verletzungen bei einem Unfall deutlich höher ist, als für korrekt gesicherte Kinder. Alle gewonnen Erkenntnisse machen deutlich, dass das Thema der Fehlbenutzung von Kindersitzen nach wie vor aktuell und drängend ist und dass es notwendig ist, dass sich Experten der Kindersicherheit mit diesem Thema befassen. Dafür ist es zunächst erforderlich, dass es in Fachkreisen von den zentralen Begriffen „Fehlbenutzung“ und „Fehlerschwere“ ein einheitliches Verständnis gibt. Eine experimentelle Untersuchung auf der Fachtagung „Protection of Children in Cars“ im Jahr 2011 ergab, dass gleiche Fehler von verschiedenen Fachleuten ganz unterschiedlich bewertet werden. Um diesem Problem zu begegnen wird in der vorliegenden Arbeit eine Definition des Begriffs „Misuse“ vorgeschlagen. Darüber hinaus wird ein für Misuseuntersuchungen häufig genutztes Codebook dahingehend überarbeitet und vereinfacht, dass es einerseits in der Praxis der Feldbeobachtung leicht und mit wenig zeitlichem Aufwand zu nutzen ist, andererseits alle wesentlichen Fehler erfasst. Dabei ist es wichtig, dass die Fehler eindeutig beschrieben und bewertet werden, so dass sichergestellt ist, dass verschiedene Beobachter zur gleichen Fehlerbewertung kommen und somit eine Vergleichbarkeit verschiedener Feldstudien gegeben ist. Abschließend enthält die vorliegende Arbeit konkrete Vorschläge, wie der Problematik der Fehlbenutzung begegnet werden sollte. Hier werden insbesondere an den Gesetzgeber Forderungen nach klaren und zwingenden Vorgaben für die Hersteller von Kindersitzen gestellt, auch erscheint es als ratsam, dass das ISOFIX-System derart optimiert wird, dass es zukünftig bessere Chancen hat eine große Marktdurchdringung zu erfahren.